Bahá’u’lláh (1817-1892)

Leben und Wirken Bahá’u’lláhs, des Stifters der Bahá’í-Religion

Bahá’u’lláh bedeutet „Herrlichkeit Gottes“. In Ihm sehen die Bahá’í jenen Verheißenen, auf den der Báb in Seiner Sendung hinwies und der von Anhängern der verschiedensten Religionen der Menschheit seit Langem erwartet wurde. Bahá’u’lláh brachte den Menschen eine neue Botschaft von Gott, die der ganzen Menschheit den Weg zeigt, global in Frieden zusammen zu leben.

In tausenden Versen, Büchern und Schriftbänden offenbarte Bahá’u’lláh einen Wegweiser, der die Menschheit dabei unterstützt, den großen Herausforderungen auf dem Weg zur Einheit der Menschheit zu begegnen und eine Zivilisation aufzubauen, die ein weltweit gerechtes, materielles Wohlergehen mit einer geistig-spirituellen Ausrichtung des Menschen verbindet.
Bahá’u’lláh zählte zunächst zu den Anhängern des Báb bis er 1852 – bereits in Kerkerhaft in Teheran – durch eine Vision Seine Berufung als göttlich Verheißener und Erneuerer der Religion erfuhr. Kurz danach begann ein 40-jähriger weiter Weg der Verbannung aus Seinem Geburtsland über Bagdad und Konstantinopel bis nach Akká bei Haifa, der letzten Station Seines Wirkens.

Frühzeit

Als Bahá’u’lláh, mit Geburtsnamen Mírzá Husayn-ʻAlí, 1817 in Teheran geboren wurde, genoss er alle Vorteile einer Kindheit am Königshof. Von sehr frühem Alter an zeigte Er Weisheit und außergewöhnliches Wissen.
Anstatt als junger Mann eine Laufbahn im Staatsdienst anzustreben, wie es Sein Vater getan hatte, entschied sich Mírzá Husayn-ʻAlí, Seine Energien der Fürsorge für die Armen zu widmen. Er zeigte kein Interesse daran, Rang und Namen zu erlangen.
Durch die Annahme der Religion des Báb veränderte sich das Leben des jungen Edelmanns und Seiner Familie nachhaltig. Obwohl Er den Báb persönlich nie getroffen hatte, erklärte Mírzá Husayn-ʻAlí von dem Moment an, da Er Seine Botschaft vernahm, Seinen uneingeschränkten Glauben an Ihn und nutzte Seine ganze Kraft und Seinen Einfluss zu dessen Förderung.
Im Jahr 1848 fand in dem Dorf Badascht im Nordosten Persiens eine wichtige Versammlung der Anhänger des Báb statt. Mírzá Husayn-ʻAlí spielte eine zentrale Rolle in den Geschehnissen, die den eigenständigen Charakter der neuen Bábi-Religion und ihre Unabhängigkeit vom Islam bestätigten. Von diesem Zeitpunkt an wurde Mírzá Husayn-ʻAlí als Bahá’u’lláh bekannt, der arabische Ausdruck für „Herrlichkeit Gottes“.

Offenbarung

Im Jahr 1852 wurde Bahá’u’lláh fälschlicherweise der Mittäterschaft bei einem Anschlag auf das Leben des Herrschers, Násiri’d-Din Sháh, bezichtigt und in einem berüchtigten unterirdischen Verlies, bekannt als das „Schwarze Loch“, eingekerkert.
Das Verlies war einst ein Wasserspeicher für das öffentliche Bad. Innerhalb dieser Mauern schmachteten die Gefangenen in der kalten, ungesunden Luft dahin, aneinander gekettet durch eine unerträglich schwere Kette, die für den Rest Seines Lebens Spuren auf Bahá’u’lláhs Körper hinterließ.
An diesem düsteren Schauplatz trug sich erneut ein seltenes und kostbares Ereignis zu: ein sterblicher Mensch, äußerlich Mensch in jeder Hinsicht, wurde von Gott auserwählt, um der Menschheit eine neue Botschaft zu bringen.
Diese Erfahrung der göttlichen Offenbarung veranschaulicht Bahá’u’lláh in eigenen Worten: „In den Tagen, da ich im Kerker in Teheran lag, vergönnten Mir die schweren Ketten, die Mich wundrieben, und die üble Luft nur wenig Schlaf; dennoch hatte ich in den seltenen Augenblicken des Schlummers ein Gefühl, wie wenn etwas vom Scheitel Meines Hauptes über Meine Brust strömte, einem mächtigen Sturzbach gleich, der sich vom Gipfel eines hohen Berges zu Tal ergießt. … Meine Zunge sprach in solchen Augenblicken Worte, die zu hören kein Mensch hätte ertragen können.“1

Verbannung nach Bagdad

Nach vier Monaten schweren Leidens unter der Einkerkerung wurde Bahá’u’lláh krank und völlig erschöpft freigelassen, für immer aus Seiner Heimat Persien verbannt und mit Seiner Familie nach Bagdad geschickt. Dort wandten sich die übrigen Anhänger des Báb in moralischen und geistigen Fragen immer mehr an Bahá’u’lláh. Die Vornehmheit Seines Charakters, die Weisheit Seines Rates, die Güte, die Er allen erwies, und die zunehmenden Beweise übermenschlicher Größe in Ihm belebten die grausam unterdrückte Gemeinde.
Die Bedeutung der Gemeinde wuchs und Sein Ansehen verbreitete sich noch stärker. Drei Seiner bekanntesten Werke entstanden in dieser Zeit – die Verborgenen Worte, die Sieben Täler und das Buch der Gewissheit (Kitáb-i-Íqán). Obwohl Bahá’u’lláhs Schriften bereits auf Seine Stellung hinwiesen, so war jedoch der Zeitpunkt für eine öffentliche Verkündigung Seines Anspruchs als Gottesoffenbarer noch nicht erreicht.
Als Bahá’u’lláhs Ruf sich verbreitete, wurden Neid und Böswilligkeit einiger Geistlicher neu entfacht. Beim Schah Persiens beantragten sie, den osmanischen Sultan zu bitten, Bahá’u’lláh in größere Entfernung von der persischen Grenze zu verbringen. Eine zweite Verbannung wurde angeordnet.
Ende April 1863, kurz vor der Abreise aus der Umgebung von Bagdad nach Konstantinopel, wohnte Bahá’u’lláh mit Seiner Familie und Seinen Gefährten zwölf Tage lang in einem Garten, den Er „Ridván“ nannte, was „Paradies“ bedeutet. Dort, an den Ufern des Flusses Tigris, verkündete Bahá’u’lláh öffentlich, dass Er der vom Báb angekündigte und in den Schriften der Religionen vorausgesagte Bote Gottes für ein Zeitalter der ganzen Menschheit sei, in dem Tyrannei und Ungerechtigkeit der Vergangenheit einer Welt des Friedens und der Gerechtigkeit weichen würden.

Weitere Verbannung

Drei Monate nach der Abreise aus Bagdad erreichten Bahá’u’lláh und Seine Gefolgschaft Konstantinopel. Sie blieben dort nur vier Monate, dann folgte eine erneute Verbannung nach Adrianopel (dem heutigen Edirne). Es war eine äußerst anstrengende Reise in der kältesten Zeit des Winters, und ihre Unterkunft in Adrianopel bot keinen Schutz vor der bitteren Kälte.
Beginnend mit dem Jahr 1867 richtete Bahá’u’lláh eine Reihe inhaltsvoller Sendschreiben an die wichtigsten weltlichen und religiösen Herrscher der damaligen Zeit, unter ihnen Kaiser Napoleon III., Königin Victoria, Kaiser Wilhelm I., Sultan `Abdu’l-`Aziz, Násiri’d-Din Sháh, Papst Pius IX. und die Präsidenten Amerikas. In diesen vorausschauenden Schriften verkündete Er offen Seinen Anspruch und sprach vom Anbruch eines neuen Zeitalters. Aber zunächst, so warnte Er, würde es katastrophale Umwälzungen in der politischen und gesellschaftlichen Ordnung der Welt geben. Er rief die herrschenden Oberhäupter auf, Gerechtigkeit zu wahren und eine Versammlung einzuberufen, die den Kriegen dauerhaft ein Ende setzen würde. Nur durch gemeinsames Handeln, sagte Er, könne ein dauerhafter Friede geschaffen werden. Seine Warnungen trafen auf taube Ohren.
Fortgesetzte Anfeindungen durch Bahá’u’lláhs Gegner veranlassten die osmanische Regierung zu einer weiteren, letzten Verbannung in ihre entlegenste Strafkolonie, der Gefängnisstadt Akká in der Bucht von Haifa, wo Bahá’u’lláh am 31. August 1868 eintraf. Nachdem Er und Seine Gefolgschaft über zwei Jahre in der Zitadelle von Akká in Kerkerhaft verbracht hatten, konnten sie in ein Haus innerhalb der Stadtmauern umziehen. Nach und nach bewirkten die Vornehmheit und Würde Bahá’u’lláhs, dass sich die anfängliche Verspottung durch die Öffentlichkeit in zunehmende Bewunderung umwandelte, auch von Seiten einiger ihrer Anführer.
In ʻAkká offenbarte Bahá’u’lláh Sein wichtigstes Werk, das Kitáb-i-Aqdas (das Heiligste Buch), in dem Er die grundlegenden Gesetze und Prinzipien Seines Glaubens umriss und die Grundlagen für eine weltumspannende Gemeindeordnung legte.

Letzte Lebensperiode

In den späten 1870er Jahren wurde Bahá’u’lláh – noch als Gefangener – die Freiheit gewährt, sich auch außerhalb der Stadtmauern zu bewegen, bis Er schließlich in einem Landhaus bei ʻAkká Seinen Wohnsitz nehmen konnte. Dies ermöglichte es den Gläubigen, mit Ihm ungestört und in größerer Ruhe zusammenzutreffen. Im April 1890 traf Professor Edward Granville Browne von der Universität Cambridge Bahá’u’lláh in diesem Landhaus. Browne schrieb über dieses Zusammentreffen: „Das Antlitz dessen, den ich erblickte, kann ich nie vergessen, und doch vermag ich es nicht zu beschreiben. Diese durchdringenden Augen schienen auf dem Grund der Seele zu lesen; Macht und Autorität lagen auf dieser hohen Stirn… Hier bedurfte es keiner Frage mehr, vor wem ich stand, als ich mich vor einem Manne neigte, der Gegenstand einer Verehrung und Liebe ist, um die ihn Könige beneiden und nach der Kaiser sich vergeblich sehnen!“2

Bahá’u’lláh starb am 29. Mai 1892. In Seinem Testament ernannte Er ‘Abdu’l-Bahá zu Seinem Nachfolger und Oberhaupt des Bahá’í-Glaubens. Diese Auswahl eines Nachfolgers wird der „Bund Bahá’u’lláhs“ genannt, der die Grundlage für ein geeintes Fortbestehen der Bahá’í-Gemeinde bildet.

Quellennachweise

    1. Bahá'u'lláh, Brief an den Sohn des Wolfes 1:37

    2. Shoghi Effendi, Gott geht vorüber 11:27