Ältestes und jüngstes Mitglied der Yaran nach einem Jahrzehnt ungerechter Haft entlassen.

Nach Beendigung ihrer zehnjährigen Haftstrafen verlassen Jamaloddin Khanjani (85) und Vahid Tizfahm (44) das Gefängnis. Das älteste und das jüngste Mitglied des ehemaligen informellen Leitungsgremiums der Bahá’í im Iran – auch Yaran (zu dt. „Freunde“) genannt – waren allein aufgrund ihrer Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft der Bahá’í zunächst zu jeweils 20 Jahren Haft verurteilt worden. 2015 wurde das Strafmaß auf zehn Jahre herabgesetzt. Die Yaran kümmerten sich um die notwendigsten Belange der über 350.000 Mitglieder zählenden Gemeinde.

Khanjani und Tizfam sowie vier weitere Mitglieder des Gremiums wurden im Mai 2008 in einer Razzia am frühen Morgen in ihren Häusern festgenommen. Ein weiteres Mitglied, Mahvash Sabet, war schon zwei Monate früher inhaftiert worden.

Jamaloddin Khanjani (2.v.li.) mit drei weiteren ehemaligen Mitgliedern der Yaran, die ihre jeweils 10-jährigen Haftstrafen vollendet haben—Saeid Rezaie (Mitte), Fariba Kamalabadi (3.v.re.) und Mahvash Sabet (2.v.re.).
Jamaloddin Khanjani (2.v.li.) mit drei weiteren ehemaligen Mitgliedern der Yaran, die ihre jeweils 10-jährigen Haftstrafen vollendet haben—Saeid Rezaie (Mitte), Fariba Kamalabadi (3.v.re.) und Mahvash Sabet (2.v.re.).

Die Bahá’í-Gemeinde in Deutschland empfindet große Erleichterung über die Freilassung von der beiden Yaran, die Mitte März das Gefängnis verließen. Ihr Sprecher, Prof. Ingo Hofmann, sieht darin aber „alles andere als ein Anzeichen der Minderung der Verfolgung der Bahá’í im Iran.“

„Obwohl seit September 2017 nun insgesamt sechs der sieben Mitglieder der Yaran freigelassen wurden, geht die Verfolgung der Bahá’í unvermindert weiter. Nach jeweils zehn Jahren, kehren die Yaran in eine Gesellschaft zurück, in der die Bahá’í-Gemeinde unter dem enormen Druck der Regierung steht. So findet die Entlassung von den Yaran vor dem Hintergrund einer zunehmenden staatlich inszenierten Diskriminierung der Bahá’í statt, die in Hasspredigten und Hetzartikeln staatlicher Medien allgegenwärtig ist“, beklagt Hofmann.

Vor seiner Inhaftierung besaß Vahid Tizfam ein Optikergeschäft in Tabris, wo er als Optiker bis zu seiner Inhaftierung 2008 arbeitete.

Vahid Tizfam mit seiner Frau.
Vahid Tizfam mit seiner Frau.

Jamaloddin Khanjani war bis in die 90-iger Jahre ein erfolgreicher Geschäftsmann mit mehreren hundert Angestellten. Die iranischen Behörden beschlagnahmten jedoch sowohl in den 80-iger als auch 90-iger Jahren seine Geschäfte, woraufhin zahlreiche seiner Angestellten arbeitslos wurden. Zudem erschwerten strenge Auflagen, wie die Nichtvergabe von Krediten oder Verhinderung von Reisetätigkeiten außerhalb des Landes, Khanjani und seinen Kindern, die an seine Stelle traten, das Weiterführen der Geschäfte.

Der Versuch, das wirtschaftliche Leben der Bahá’í zu zerstören, gehört schon seit der Islamischen Revolution 1979 zu den Facetten staatlicher Verfolgung, als die Regierung begann, alle im öffentlichen Dienst beschäftigten Bahá’í zu entlassen. Anschließend ging sie dazu über, den Bahá’í im Bereich der Privatwirtschaft die Geschäftslizenzen abzuerkennen. Auf diese Weise verloren Tausende Bahá’í über die letzten dreißig Jahre ihre Arbeit und damit die Möglichkeit, ihren Lebensunterhalt zu bestreiten.

„Die deutsche Baha’i-Gemeinde und zahlreiche ihrer Freunde und Unterstützer sehen dem Tag der vollständigen Entlassung aller sieben Yaran gebannt entgegen. Zugleich geben wir die Hoffnung nicht auf, dass die iranische Regierung ihr Versprechen einlösen wird, allen Iranern gleichermaßen Gerechtigkeit zu gewähren“, so der Sprecher der Bahá’í-Gemeinde in Deutschland, Ingo Hofmann.

Nachdem Mahvash Sabet, Fariba Kamalabadi, Behrooz Tavakkoli, Saeid Rezaie, Jamaloddin Khanjani und Vahid Tizfam aus der Haft entlassen wurden, soll die Entlassung von Afif Naeimi (56) in den nächsten Monaten erfolgen.

Derzeit sitzen aktuell über 90 Bahá’í ausschließlich aufgrund ihrer religiösen Überzeugungen in iranischen Gefängnissen.